Dienstag, 15. Februar 2011

Whakatane, White Island

Fuer die grossgewachsene Dame im blauweissen Segeleroutfit ist es nicht das erste Mal. Kuehlen Blickes schiebt sie eine einseitige Erklaerung ueber Sicherheitsrisiken und Rueckerstattungsklauseln ueber die Theke. Ich darf unterschreiben und bezahlen oder Widerspruch einlegen und gehen. Ich bleibe. Als "Ticket" bekomme ich ein Metallhuetchen in die Hand gedrueckt, das ich beim Einstieg in das Touriboot wieder abgebe. Wenigstens einmal umweltfreunlich mitgedacht. An Bord spreche ich einen Jungen auf seine professionnell aussehende Kamera an. Joern aus Stuttgart, ein angehender Fotograf, und Nina aus Hamburg, eine angehende Journalistin, das passt gut zusammen, finden wir.


Fruehstuecks(ver)staerkung

bei Wind und Wetter

Reporterteam

Nach anderthalb Stunden erreichen wir White Island. Die Pazifikinsel ist die aktivste vulkanische Region in ganz Neuseeland. Schon von weitem sehen wir eine dicke Rauchsaeule aufsteigen. In einem kleinen Beiboot werden wir grueppchenweise an Land gebracht. Ab jetzt gilt Helmpflicht. Das Aufsetzen der Gasmakse dagegen ist freiwillig. Wem's hier zu sehr stinkt, der darf Gummiluft atmen und zuckrige Bonbons lutschen. Unser Guide Kent, ein Psychologiestudent aus Hamilton (NZ), der sich mit diesem Sommerjob sein Studium finanziert, fuehrt uns vorbei an Schlammtuempeln, schwefelgelbem Gestein und dampfenden Erdloechern. Er weist uns auf die seismographischen Messgeraete hin, Kameras, die alle 15 Minuten ein Bild machen, spindelduerre Metallstaebe und jede Menge Markierungen. Im Jahr 2000, als es diese ausgefeilte Technik noch nicht gab, kam der Ausbruch des Vulkans fuer die Natuerwissenschaftler noch ueberraschend. Heute, elf Jahre spaeter, koennen sie anhand kleinster Veraenderungen in der Erdbeschaffenheit innerhalb weniger Minuten dafuer sorgen, dass die ganze Insel gesperrt und alle sich noch dort befindenden Personen evakuiert werden.

Helmparade

Mondlandschaft

Suesser Geschmacksverstaerker

Chemieunterricht mal anders

Schaulustige

Atembeschwerden

Rauchzeichen

Konstruktionsfehler

Schwefelbad

Nach dem Rundgang auf dem Eiland gehen einige der Tourteilnehmer im Meer schwimmen. Ich schaue auf das trueb gelbliche Wasser und ruempfe angesichts des Schwefelgestanks die Nase. Nee, das muss nicht sein. Das unterhalte ich mich lieber mit Kent ueber moegliche Masterarbeitsthemen. Nachdem die letzten geruchstauben Schwimmer wieder an Bord geklettert sind, fahren wir los. Der Himmel ist aufgeklart und wir koennen einen letzten Blick auf die Vulkaninsel werfen.

Fernsicht

Natur setzt sich durch

Abschiedsgruss

Irgendwann wird das Boot langsamer. Ueber Lautsprecher kommt die Durchsage, dass Zwergwale gesichtet wurden. In der Ferne entdecken wir drei nacktglaenzende schwarze Flossen, kommen aber nicht wirklich nah an die scheuen Tiere heran. Der Haufen luftanhaltender Zweibeiner scheint ihnen nicht ganz geheuer zu sein. Wir drehen ab und nehmen wieder vollen Kurs auf. Inzwischen brennt die Sonne unerbittlich. Joern und ich holen gerade unsere Sonnencreme raus, als ploetzlich jemand etwas von "dolphins" ruft. Erst einige Meter entfernt, dann ganz nah am Boot sehe ich sie. Familie Flipper scheint nicht ganz so schuechtern wie ihre Saeugetierkollegen. Wir quetschen uns vorne an den Bug und beobachten, wie die Tiere ein Stueck mit uns schwimmen. An Bord ist es ganz still geworden. Ich hoere nur das Platschen des Wassers und die klickenden Spiegelreflexkameras. Unser Kapitaen gibt ein wenig mehr Gas und die Delphine halten mit. Mindestens sechs oder sieben schwimmen mit dem Boot um die Wette. Mich durchstroemt ein unglaubliches Gluecksgefuehl. Ich feuere den Frechdachs der Truppe an: "Spring, Flipper, spring!" Er fuehlt sich ermunternt und fliegt dem Boot voraus. Nach einer Weile machen sich die ersten Tuemmler davon, bis schliesslich auch den letzten und hartnaeckigsten die Lust verlaesst. Tschuess, ihr Lieben, vielen Dank fuer die beeindruckende Vorstellung!








Zurueck im Hostel "Windsor", das seinem Namen alle Ehre macht und sich seniorenfreundlich gibt, entscheide ich, dass jetzt der richtige Moment fuer eine Abkuehlung gekommen ist. Zuerst fahre ich zu einem typischen Ostkuestenstrand (weit, weit, weit), dann nehme ich mir ein Bier aus der Kuehltasche in meinem Kofferraum und laufe am Hafen entlang bis zur Statue von Wairaka, der Namensgeberin fuer die Stadt Whakatane. Als vor ueber sechs Jahrhunderten das Kanu der ersten Siedler Neuseelands die Flussmündung des Whakatane Rivers erreichte, gingen die Maenner von Boot, um das Land zu erkunden. Das schlecht vertaeute Kanu trieb aufs offene Meer hinaus und drohte, an einem Felsen zu zerschellen. Die Frauen waren starr vor Angst; ihnen war es verboten, Maennerarbeit zu verrichten und das Kanu zu steuern. Wairaka, die Tochter des Haeuptlings rief "kia whakatāne au i ahau" - ich will stark wie ein Mann sein. Sie ergriff das Ruder und steuerte das Kanu sicher an Land. Heute Abend schaut Wairaka stolz von ihrem Felsen aus gemeinsam mit mir in den Sonnenuntergang. Prost, du tapfere, starke Frau. Auf einen gelungenen Tag.





2 Kommentare:

  1. Na im Leute kennenlernen bist du ja jetzt bestimmt schon voll geübt! Wie hast du denn den Fotografen angesprochen? "Wau, du hast aber ein groooßes .. Objektiv?" Hihi .. Kann mir noch gar nich so richtig vorstellen, wie die Nina jetzt so ist, die sich "ein Bier aus der Kühltasche im Kofferraum" ihrer neuen Karre nimmt... sehr cool und lässig bestimmt :D Ich bin gespannt!
    Busserl von der Isi

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  2. Keine Sorge, Isi, ich bin immernoch die Alte. Nur vielleicht ein wenig entspannter... Freue mich schon darauf, mit dir ein Kuehltaschenbier zu trinken!

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