Mittwoch, 29. Dezember 2010

Weihnachten im Sommer

Ein zweites Wiedersehen mit einer "alten Bekannten": Leonie ist nach Taupo gekommen. Die ersten Versuche, von unseren Erlebnissen zu berichten, waeren ein gutes Beispiel fuer den absoluten Information-Overload. Es ist ja soooo viel passiert... Leonie geht es mit meinen Antworten auf ihre Fragen meistens nicht schnell genug, sodass ich es irgendwann aufgebe, eine struktutrierte Unterhaltung fuehren zu wollen. Als nach drei Stunden trotz Eis und einem kuehlen Drink die Kehlen trocken werden, laufen wir zum Hostel und nehmen ein Bad im Spa-Pool. Drei nette Englaender sorgen fuer Entertainment und bieten sich bereitwillig als naechste Interviewpartner fuer Leonie an.
Am naechsten Tag machen wir gemeinsam mit Lucy und Phil aus Taupo einen Ausflug. Mit dem Auto cruisen wir zur Arcacia-Bay. Wir wollen die zehn Meter hohen Schnitzereien im Fels, die Maori Carvings, sehen. Normalerweise kommt man dorthin nur mit einer gefuehrten Bootstour. Phil kennt einen anderen Weg. Wir schlagen uns durch Buesche und klettern ueber Felsen, bis es irgendwann wirklich nicht mehr weitergeht. Dann wagen wir uns ins (immernoch ziemlich kalte) Wasser. 300 Meter schwimmend zurueckzulegen mag sich einfach anhoeren - ist es aber nicht. Wir haben ordentlich zu kaempfen. Leonie mit ihren schlotternden Knien, Lucy mit der "Schwimmnudel" und Raucherlunge, Phil mit einer Krabbe, die er unterwegs aufgegabelt hat, und ich mit der Tauchmaske, die ich ehrgeizigerweise mitgenommen habe. Wir verweilen nur ein paar Minuten an der wunderschoen symmetrisch verzierten Felswand, schiessen ein kurzes "Erinnerungsbild" und kehren dann um.
Danach geht es zum Aufwaermen zu den heissen Quellen im Waikato River. Ein komisches Gefuehl, wenn einzelne Koeperteile ploetzlich sehr sehr warm werden, waehrend andere einer kalten Stroemung ausgesetzt sind. Nicht unbedingt mein Fall. Nach dem Wechselbad spielen wir eine Runde Frisbee und hangeln uns an den Klettergeruesten auf dem Kinderspielplatz entlang zurueck zum Auto.


Quatschtante Nr. 1 und Nr. 2

Maori Carvings

Phil bei den heissen Quellen

Freifahrt fuer Lucy

Powergirl Leonie

Anfang der Woche findet die Betriebsweihnachtsfeier mit der Taste-Belegschaft statt. Wir gehen im schicken Restaurant Pimentos essen. Ich bestelle eine Meeresfruechtesuppe als Entree (nicht mein Fall, zu viele Pilze), Huehnchen mit Risotto als Hauptgericht (sehr gut) und eine Schokotarte zum Nachtischt (himmlisch!). Mit der Cafe-Inhaberin Kay und unserer neuen Aushilfskraft Maria aus Argentinien fuehre ich eine lebhafte Unterhaltung. Der ganze Tisch freut sich ueber mein Wichtelgeschenk in Form von selbstgebackenen Nussecken. Leider werden sowohl Kays Mann Darren als auch mein Sitznachbar DJ mit jeder neuen Flasche Wein zusehends "lockerer". Als beide lallend mit dem Schulterklopfen anfangen mache ich mich aus dem Staub.

DJ, Kay, Kathy,  Darren, Maria

Puenktlich zu Weihnachten erwischt mich ein dicker Schnupfen. Scheint so, als sei mein innerer Kalender noch auf mitteleuropaeischer Zeit eingestellt. Vermutlich habe ich mich bei der Arbeit erkaeltet, als ich im Kuehlraum ("Chiller" - warum nicht "Cooler" oder "Freezer"?) nach Capsicum, Cucumber und Kumara gesucht habe (Paprika, Gurke und Suesskartoffel). Immerhin darf ich in dieser Woche mal vom Spuelbecken weg und an die Lebensmittel ran. Ich steche etwa 200 Boeden fuer Blaetterteigpasteten aus, duenste kleingeschnibbeltes Gemuese und backe meine ersten "Savouries" (herzhafte Muffins). Eine sehr nette Abwechselung! Im Cafe wird es zusehends belebter. Zur Weihnachts- und Neujeharszeit werden etwa 40.000 Touristen erwartet - damit waechst Taupo auf das Dreifache seiner normalen Groesse.

Den 22. und 23. Dezember verbringe ich eigentlich groessten Teils im Bett - schniefend, Tee trinkend, schlafend. Am heiligen Abend geht es mir schon deutlich besser. Die Auszeit hat ihre Wirkung getan. Gemeinsam mit den Maedels gehe ich zum Supermarkt, um fuer unser grosses Weihnachtsessen einzukaufen, das allerdings erst morgen stattfindet. Im Pack 'n Save ist die Hoelle los. Wagenschubser bahnen sich ihren Weg durch Kuehlregale und Suessigkeiten"bargains" (Schnaeppchen).
Im Hostel ist es nahezu unheimlich still. Ausser uns Tiki-Girls verbringt lediglich eine ziemlich grimmig dreinblickende Familie aus Finnland die Feiertage in der Lodge. Jason ist zu seinen Verwandten nach Auckland gefahren. Ich koche ein chinesisches Reisgericht und trinke spaeter noch ein Bier im Pub - wenn schon anders, dann aber bitte richtig!
Am naechsten Tag ist Weihnachten - endlich. Den Vorspung, den ich durch die Zeitverschiebung rausgeholt habe, musste ich durch die britische Sitte, die Geschenke erst am 25. zu oeffnen, wieder einbuessen. Ruth bekommt von ihrer Schwester ein grosses Knetpaket geschenkt. Wir haben riesig viel Spass dabei, unsere Doppelgaenger zu erschaffen. Wann habe ich das letzte Mal geknetet? Vermutlich, als Weihnachten noch winterweiss, geheimnisvoll und fernsehfrei war.

Weihnachtsfrauen

Spiegelbild

mein Weihnachtspaket!

Kneterei
 
Tiki-Belegschaft

zwei Mal Nina

Vier Mal Ninja-Jason

Nach der Bescherung backen wir einen Kuchen und machen einen Spaziergang zum Lake Taupo. Die Nervoesitaet, die ich aufgrund der neuen Eindruecke in den letzten Tagen verspuert habe, ist einer relativen Gelassenheit gewichen. Ich habe mich damit abgefunden, dass in diesem Jahr einfach alles anders ist:

- Die Lichterketten sind kitschig bunt
- Die Menschen, mit denen man Weihnachten feiert, sind weder Familienmitglieder noch Freunde, noch nicht einmal die am meisten liebgewonnen Reisebekanntschaften - sie sind einfach nur da, weil es der Zufall so wollte
- BBQ als Festtagsdinner ist lecker und macht satt - schmeckt aber kein bisschen nach Gemuetlichkeit
- Das Wetter ist viel zu gut, um sich zu beschweren zu koennen
- Ein einziges Geschenk, das per Luftpost eingetrudelt ist, kann tausend Mal gluecklicher machen als ein ganzer Berg von unnuetzem Zeug


Beweisfoto: 25.12.2010!
 
Weihnachtsspaziergang mit neuem Tuch (Geschenk von Mama und Papa)

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Alltagsbegegnungen

Da heute der "Half-Ironman-Contest" in Taupo stattfindet, ist im Cafe einiges los. Die halben Eisenmaenner wollen alle ein ganzes Fruehstueck. Die Maedels aus dem Service bringen einen Container mit dreckigem Geschirr nach dem anderen. Langsam tut mir wirklich der Ruecken weh. Und von meinen Fingern sind nur noch ein paar aufgeweichte Stuemmel uebrig geblieben. Mir rutschen einige Teller aus den Haenden - zum Glueck nur ein Mal mit einem scherbenreichen Ende. Obwohl ich mir fest vorgenommen habe, mich nicht stressen zu lassen, bin ich am Ende der Schicht doch ziemlich geschafft. Immerhin werde ich langsam warm im sprachlichen Umgang mit meinen beiden indischen Kollegen Namit und "DJ" (die aussprechbare Version seines indischen Namens Dhiraj). Die beiden fechten ein paar Hahnenkaempfe aus und bringen mich immer mal wieder zum Lachen. 

Namit und "DJ" beim Posen

Bei meinen Zimmergenossinnen Zuzy und Nadja herrscht eine angespannte, gereizte und gleichzeitig ermuedende Stimmung. Waehrend draussen die schwuele Luft flimmert, ist sie drinnen zum Schneiden dick. Die beiden Tschechinnen wollen irgendetwas an ihrer derzeitigen Situation aendern, wissen aber nicht so richtig, was. An der Entscheidung haengen noch zwei weitere Reisepartner, ein paar Arbeitsvertraege, zwei gemeinsam gekaufte Autos und einige zwischenmenschliche Differenzen. Ich erfahre hautnah, welche Vorteile das Alleinreisen hat und bin froh, nur ich zu sein. Trotzdem lasse ich mich von der Bewegungslosigkeit anstecken. Selbst das erfolgreiche Shopping-Erlebnis im Secondhand-Laden (zwei Tops fuer 17$), das erfrischende Bad im Lake Taupo und das gemeinsame Experiment des Pizzabackens am Abend koennen mich heute nicht wirklich positiv stimmen. Auch der letzte Versuch des Tages, erwas Nettes zu erleben, geht grandios in die Hose. Waehrend ich im irischen Pub quizbegeisterten Kiwis beim Betrunkenwerden zuschaue, werde ich einfach nur unheimlich muede.
 
An meinem spuelfreien Tag lerne ich Josephine kennen, eine Molekularforscherin aus der Schweiz. Wir machen einen ausgedehnten Spaziergang am See entlang und ich spreche nach laengerer Zeit mal wieder deutsch - zum ersten Mal jedoch ueber die verschiedenen Moeglichkeiten, eine gentechnisch veraenderte Maus umzubringen. Bizarr.


Zuzy und ich am Strand

ein Moment voller Kontraste

 
Josephine
 
flauschige Badegaeste

Abends treffe ich Kairi und Karol wieder, die beiden estlaendischen Hitchhiker. Da die beiden noch genauso knauserig wie "frueher" sind, trinken wir unser Bier nicht im sondern vorm Cafe - obwohl Alkohol auf neuseelaendischen Strassen eigentlich verboten ist. Die Kiwis sind zwar nicht so brauntuetig veranlagt wie die Amis, verlangen aber jedes Mal selbst fuer leichte alkoholische Getraenke den Reisepass (und zwar nur den, nein, nicht den internationalen Fuehrerschein, nicht den Perso, nicht den Studiausweis und auch nicht die Kombination aller verfuegbaren Ausweisdokumente). Spaeter tanzen wir zur Livemusik im Pub (ist ja schliesslich umsonst, ne?) und freuen uns ueber unser Wiedersehen. Ein tolles Gefuehl, nach zwei Monaten in Neuseeland bereits "alte Bekannte" zu haben.

Am naechsten Tag laufe ich mit Lucy und Ruth in der Mittagshitze zum oertlichen Bungeejumping-Hotspot. Wir suchen uns einen netten Platz zum Zuschauen und rechnen aus, wie viel Geld der Betreiber an einem sonnigen Tag wie heute macht. Ein paar Meter weiter nehmen einige Einheimische in aller Ruhe ein Bad in dem eiskalten, fast schoen laecherlich tuerkisfarbenen Waikato River. Da die Stroemung hier sehr stark ist, lassen sie sich einfach einige Meter mitreissen, schwimmen dann zum Ufer und laufen zureuck, um von vorne zu beginnen. Ich komme nicht umhin, diese unterschiedlichen Freizeitgestaltungen miteinander zu vergleichen: Die Touristen, die nach Neuseeland kommen, um Landschaft und unberuehrte Natuer zu erleben, durchbrechen mit ihrem Geschrei beim 60 Meter tiefen Stuerz in die Tiefe ebendiese Schoenheit und Stille. Die Neuseelaender lassen sich einfach nur treiben.

was fuer Farben
 
Waikato River

Nachmittags quatsche ich mit einem netten Hollaender (auf englisch!), einem sonnenverbrannten Finnen, einem neuseelaendischen Ehepaar und zwei flitterwoechigen Israelis. Nach meinem sprachlichen Tief der letzten Tage gewinne ich langsam wieder an Selbstsicherheit. Dann bekomme ich sogar noch zwei vorzeitige Weihnachtsgeschenke. In unser Hostel ist eine Horde laut kreischender (wahlweise laut kichernder) Teenager eingefallen. Die Klasse besteht zum grossen Teil aus Maedchen, die brauchfreie Tops, mindestens eine Schicht zu viel Makeup und Spongebob-Rucksaecke tragen. Die Lehrerinnen haben den Appetit ihrer Schuetzlinge bei der Pizzabestellung ueberschaetzt und so bleiben zwei ganze Pizzen fuer den Iren Steve und mich uebrig. Als es draussen dunkel wird, holt er seine Gitarre auf den Balkon und gibt ein Privatkonzert. Passend zum Sonnenuntergang trinken wir billigen Weisswein und atmen Fruehlingsluft.


Steve an der Gitarre

Balkonstimmung

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Das Leben ist kein Waschkonzernt

Direkt an meinem ersten Abend im neuen Zuhause nehmen mich meine Mitbewohner Jason (NZ), Lucy und Ruth (GB) mit auf eine Tour durch die oertlichen Pubs. Ich bin erfreut darueber, dass ich mir hier offensichtlich keine Sorge um teure Getraenke machen muss, da es "common sense" zu sein scheint, einen Drink (in der Regel zuckersuess und eher waessrig) spendiert zu bekommen. Die meisten Neuseelaender bestellen Longdrinks, selbst die Jungs. Bier, das trinkt man doch nur beim deutschen "Beerfest", oder (gemeint ist das Oktoberfest)?

bereit zum Ausgehen: Ruth und ich
 
Lucy und Jason in Action

Am naechsten Tag trete ich um zehn Uhr meinen ersten Dienst in der Tiki Lodge an. Ich ziehe ein paar Betten ab, raeume die Kueche auf, putze die Waschraeume und schon ist die Arbeit erledigt - das hat nicht mal anderthalb Stunden gedauert. Mit Musik auf den Ohren ein ziemlicher Klacks.
Dann mache ich mich auf den Weg zum "Warehouse" ("where everyone gets a bargain") und kaufe ein neues Handy, um fuer Arbeitgeber und meine neuen Bekanntschaften erreichbar zu sein. Die 60$ schmerzen mich dieses Mal nicht wirklich, da ich ja immerhin fuer die Uebernachtung nichts zahle.

Die Stadt ist voll von Sportlern, Fans und Organisatoren der an diesem Wochenende stattfindenden Bikechallenge. Das Rennen, das die Radfahrer 160 Kilometer um den Lake Taupo fuehrt, ist das groesste in Neuseeland. Die Sonne knallt, die Luft flimmert, die vorbeirasenden Biker keuchen. Etwa 10.000 Teilnehmer radeln um die Wette - der erste erreicht das Ziel nach unglaublichen dreieinhalb Stunden und stellt damit einen neuen Rekord auf.

Gruppen-Radler


Auch M(a)c Donald's ist am Start

im Ziel warten Fans, Konkurrenten und Masseure!

BMX-Rampe

Himmelsstuermer

Am Nachmittag schwatze ich mit zwei aelteren Damen und einem juengeren Herrn aus Auckland, die extra fuer das Rennnen nach Taupo gekommen sind. Immerhin geht mein Plan auf, in dem etwas teureren Hostel eher auf englischsprechende Reisende als auf deutsche Backpacker zu treffen und so meine Sprachkenntnisse ein wenig verbessern zu koennen.

Ein paar Tage spaeter erreicht mich die gute Nachricht auf meinem neuen Telefon: Ich habe einen Job!
Mein Probearbeitstag als "Kitchenhelp" im Taste Cafe beginnt um neun Uhr morgens. Dafuer muss ich meine taegliche Zimmermaedchenarbeit in der Lodge frueher beginnen. Die erste Herausforderung besteht nicht etwa in harter koerperlicher Betaetigung, sondern darin, die ganzen neuen englischen Begriffe zu verstehen und mir zu merken. Meine mentale Vokabelliste nach dem ersten Tag:

- Tasse = cup
- Untertasse = saucer
- Schuerze = apron
- Spuelbecken = sink
- Kiste/Korb = bin/basket
- Besteck = cutlery
- Trochentuch = tea towel
- Spuelmittel = washing liquid

Nach zweieinhalb Stunden, aufgeweichten Spuelhaenden und zumindest einer Schnibbelarbeit dann die Zusage: Ich darf bleiben. Der Inhaber Darren findet, dass ich einen guten Job mache. Das hoert man gern. Deutsche Gruendlichkeit scheint sich besonders im Ausland grosser Beliebtheit zu erfreuen. Die Aussicht auf einen serioesen Arbeitsvertrag, einen Stundenlohn von 13$ und ein paar Zerkwetschten und einen Dienstplan, der die Koordination mit meinem anderen Job erleichtert, stimmen mich zuversichtlich. Zudem sind meine Kollegen und Chefs sehr nett, fragen staendig, ob bei mir alles okay ist und achten darauf, dass ich regelmaessig eine Pause mache.

mein neuer Arbeitsplatz

Kuechenchefin Kathy

ein kleiner Gruss aus der Kueche

Abends gehe ich mich Lucy und Ruth ins Kino: Dieses Mal schauen wir "Social Network". Leider zeigt der Film ueber den Facebookgruender hauptsaechlich Diskussionen, Gerichtsverhandlungen und seeeehr schnell gesprochenen Dialoge. Juristenenglisch und PC-Sprache, schoen wieder ein neues Fachvokabular - das ist noch eine Nummer zu hoch fuer mich. Obwohl ich jeden Tag etwas Neues lerne, bin ich ein wenig niedergeschlagen, immer noch nicht auf einem sprachlichen "Wohlfuehllevel" angekommen zu sein...

Freitag, 10. Dezember 2010

Ankunft in Taupo

Auf der Fahrt nach Taupo umrunden wir den gleichnamigen See und machen mal wieder an einem Aussichtspunkt halt. Es gibt Sonne satt; wir kriegen Hunger auf Strand und spaeter auf Berieselnlassen. Mein erster (englischer) Kinofilm in Neuseeland macht Lust auf mehr. Ich bin voellig hin und weg von den tollen Animationen, den kreativen Einstellungen und der authentisch-spannenden Unmsetzung des letztes Harry Potter Bandes.

erhoehter Aussichtspunkt
 Am naechsten Tag erleben Ve und ich drei positive Ueberraschungen:

1. Huka Falls: Auch die inzwischen achten neuseelaendischen Wasserfaelle, die ich mir anschaue, reissen mich mit. Durch die Stromschnelle fliessen imposante 40 Kubikmeter Wasser pro Sekunde (oder vier Guellelaster, wie Ve es anschaulich darstellt). Wir lassen uns Gischt ins Gesicht spritzen und fahren dann weiter zur Attraktion Nr. 2.

Wassermassen
 2. Caters of the Moon: Fuer 6 Dollar Eintritt* gibt es etwa 60 dampfende Erdloecher zu sehen. Es qualmt, mufft und zischt, blubbert und wabert - und das inmitten einer wunderschoenen Weidelandschaft.

*kleine Anmerkung eines budgetbewussten Backpackers: Ich bin erstaunt, wie selten in Neuseeland Studenten- (oder Schueler-) Rabatte angeboten werden. Zum Teil schuetteln die Kiwis einfach nur laechelnd den Kopf ("it's one price"), machmal komme ich mir geradezu unverschaemt vor, so empoert werde ich angeschaut. Schade, dabei sind doch Schueler, Auszubildende und Studenten diejenigen, die noch lange genug drauf zahlen, bis sie mal vom System finanziell profitieren koennen...


Verbrennungsgefahr

Wolkenspiegel

Erddampf

3. Glasblaeserei: Auch ein zweites Mal Zuschauen lohnt sich. Muss ein toller Job sein, Kunst und Handwerk verbinden und seiner Kreativitaet freien Lauf lassen zu koennen...


meine Lieblingsstuecke

Und die Zusatzueberraschung: Ich bekomme immer noch einen Sonnenbrand, wenn ich vergesse, mich einzucremen - obwohl sich meine Haut doch langsam mal an das "ozeanische Ozonloch" gewoehnt haben sollte.

Als wir von unserem Nachmittags-Ruheplatz im Botanischen Garten auf den Lake Taupo und die dahinter emporragenden Vulkane schauen, denke ich, dass dies ein guter Platz ist, um laenger zu bleiben.

Lake Taupo mit dem Tongariro National Park im Hintergrund

Am naechsten Morgen trennen sich Ves und meine Wege. Sie fliegt nach Australien, ich werde bleiben. Beim letzten gemeinsamen Kaffee bin ich gedanklich schon auf Jobsuche und sie beim Kuehemelken in Down Under. Ich rutsche nervoes auf meinem Stuhl herum, Ve nippt nachdenklich an ihrem Cappuccino. Ungewoehnlich, fremd; verkehrte Welt. Ich bin traurig und auch ein wenig unsicher, wie es jetzt weitergehen soll. Ploetzlich bin ich wieder ganz allein.

Mein Herbergsvater und zukuenftiger Chef nimmt meinen Einzug in die "Tiki Logde" gelassen. Das Hostel, in dem ich ab jetzt als "Housekeeper" arbeiten werde und im Gegenzug nichts fuer die Uebernachtung bezahlen muss, ist sauber, gemuetlich und hat eine gut ausgestattete Kueche, einen Balkon und einen kostenlosen Spa-Pool. Ich fuehle mich direkt wohler als in unserer letzten Unterkunft, in der das Kuechenequippment aus zwei rostigen Pfannen, einem ausgebeulten Topf und einer Menge zerfetzter, dreckiger Trockentuecher bestand. Dafuer muss ich hier leider auf einen Garten, eine Haengematte und einen Hund verzichten. Naja, man kann nicht alles haben.


mein "Zuhause" fuer die naechsten Wochen
 
Kueche

Balkon

In der Library lasse ich mir einen Mitgliedsausweis ausstellen, mit dem ich ab heute unbegrenzten Internetzugang habe. Endlich ist auch das Thema mal geklaert (so ganz "ohne" gehts dann irgendwie doch nicht, wenn man Fotos hochladen, Blogeintraege und E-Mails schreiben will). Dann frage ich in ca. 25 Cafes und Restaurants nach einem Job. 18 bitten um meinen Lebenslauf und wollen sich melden. Weil mich die moeglichen Arbeitgeber auf meinem ertrunkenen Handy leider nicht erreichen koennen, hinterlasse ich die Nummer der Tiki Lodge. Jetzt heisst es abwarten und Daumen druecken...

Donnerstag, 9. Dezember 2010

La Nina Hitzewelle

"He said the current warm weather pattern - along with another La Nina heatwave in the late 80s - was the strongest in about 50 years."
(http://tvnz.co.nz/national-news/nina-heatwave-sweeps-country-3940849)


La Nina in Neuseeland - so selten wie unberechenbar...

Aber keine Sorge: Auf ein erhitztes Gemuet folgt schon bald die erhoffte Abkuehlung!

Dienstag, 7. Dezember 2010

Waterrafting in Turangi

Die Tour, zu der mich Ve dieses Mal ueberredet hat, startet mit der Begruessung durch sehr aermelfreie (vermutlich weil zu muskuloese) Raftingguides. Mit dem Van werden die elf Teilnehmer zum Tongariro River gekarrt. Der Beifahrersitz ist fuer die englische Dogge “Bruno” reserviert.

Nachdem unser Bootsfuehrer Jake die Kommandos und dazugehoerigen Bewegungen mit uns einstudiert hat, lassen wir ohne langes Zoegern das Schlauchboot zu Wasser. Wir sollen auf dem Rand sitzen, Jake verbittet sich in “seinem” Boot den “ladys seat” in der Mitte. Durch seine getoente Sonnenbrille hat er mich fest im Blick, sitzt direkt hinter mir. Wenn ich ihn anschaue, sehe ich das Spiegelbild zweier angstvoller Augen zurueckblicken. Da unser Guide bei jeder neuen Stromschnelle davon erzaehlt, wie viele Leute bereits Bekanntschaft mit dem eiskalten Wasser gemacht haben, fuehle ich mich ziemlich unwohl auf meinem “anti ladys seat”. Ich will auf keinen Fall die Erste und schon gar nicht die Einzige sein, die rausfaellt.



Die drei wichtigsten Kommandos (vorwaerts paddeln, rueckwaerts paddeln, festhalten), die Jake uns im Wechsel zuruft, sind zwar einfach zu merken, dafuer aber umso schwieriger umzusetzen. Was mich wirklich nervoes macht, sind die Momente, in denen wir mitten in einer Stromschnelle unsere Halteseile loslassen und paddeln sollen. An den besonders brenzligen Stellen hoeren wir ein “jump in!” und huepfen auf die Maedchensitze – ach so ist das also…



Weil Jake zu cool ist, um so auszusehen wie die Teilnehmer, traegt er weder einen Neoprenanzug noch feste Schuhe. Waehrend ich einen Blick auf seine nackten Zehen werfe, reisst er mir ploetzlich mein Paddel aus der Hand und bruellt den anderen Kommandos zu. Ich hebe den Blick und sehe, dass er sein Paddel verloren hat. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

An einem Wasserfall machen wir Halt – und muessen den ueblichen Initiationsritus ueber uns ergehen lassen. Jeder darf, keiner muss. Da sich keiner die Bloesse geben moechte (noch nicht mal das ueber 70 Jahre alte Ehepaar unserer Gruppe), muessen alle. Der Sprung in die Tiefe laesst mir viel Zeit zum Nachdenken. Darueber, was passiert, wenn ich unten aufkomme, darueber, ob ich anfangen sollte, zu schreien, darueber, dass das Wasser tatsaechlich eiskalt ist. Jake, der noch ein paar Punkte auf der Imageskala wieder gutzumachen hat, springt mit Handstand Ueberschlag - was fuer ein Angeber.



 

Bevor wir weiterpaddeln, werden die Plaetze getauscht. Jetzt duerfen Ve und ich ganz vorne sitzen und den Kahn schaukeln. Da ich nun ja sowieso schon nass bin, verliere ich meine Angst vorm Reinfallen und fange endlich an, Spass zu haben. An einem steilen Hang sehen wir einen verzweifelten Hasen im Wasser strampeln. Das Tier muss wohl aus der Boeschung heruntergefallen sein. Ve - ganz in ihrem Element - packt beherzt zu und zieht den schreienden (!) Hasen an den Ohren ins Boot. Master Rabbit will sich jedoch nicht retten lassen und strampelt so energisch, dass Ve ihn nicht festhalten kann. Immerhin landet er an einer Stelle im Wasser, von der er leichter wieder an Land kann. Fast beleidigt wirft er uns einen letzten Blick zu und verschwindet dann im Dickicht.