Sonntag, 8. Mai 2011

Southland

Nach unserem Familienausflug mit Sun geht es fuer Ruth und mich ab jetzt nur noch zu zweit weiter. Sun muss zurueck nach Christchurch, zurueck in den Hoersaal, zurueck an die Buecher; die Osterferien sind vorbei. Ruth und ich fuellen den Kofferraum mit Lebensmitteln, den Tank mit Sprit und die Maegen mit einem Steak-and-Cheese-Pie, bevor wir aus Dunedin abduesen. Auf dem gesamten Coastal Highway Richtung Sueden tuckern wir inmitten einer farbenfrohen Minicooper-Kolonne. Aus Ruth' Miniboxen, dem "Bassburger", dudeln Neuseelands Exportschlager Brooke Fraser, unser Dauer-"earworm" "I just came to say hello" und meine neue Lieblingsband Powderfinger. An dem Hinweisschild zum "Nugget Point" lassen wir unsere bunten Weggefaehrten vorbeiziehen. Ueber einen windig schmalen Trampelpfad laufen wir zu den "Steinhappen", die mit Robben garniert in einer schaumigen Meeressuppe schwimmen. 
Beim naechsten Sightseeingstopp muessen wir uns ziemlich beeilen, um vor Einbruch der Dunkelheit um halb sechs ueberhaupt noch etwas besehen zu koennen. Froestelnd stapfen wir in Ballerinas und duennen Strickjaeckchen ueber eine schattige Kuhweide bis zu Jacks Blowhole, einer 55 Meter tiefen Hoehle, in die mit ohrenbetaeubendem Laerm Meereswasser rauscht. 
Kurze Zeit spaeter fahren wir durch die Dunkelheit und ueber Serpentinen weiter durch die sogenannten Catlins, der suedoestlichsten Region der Suedinsel, nach Waikawa. In unserem Hostel ist es so kalt, dass wir die ganze Nacht ueber den Heizluefter laufen lassen und im Kapuzenpullover schlafen.

kleine Kolonne


Ruth auf dem Weg zum Nugget Point Leuchtturm

ich und Stone Mc Nuggets

Weil wir am naechsten Nachmittag zur "Low Tide" das Highlight der Catlins, die Cathedral Caves anschauen wollen, muessen wir vorher noch ein bisschen Zeit vertroedeln, bis das Wasser sich bequemt, ein Stueckchen zu weichen. 
Zuerst lassen wir uns in der Curio Bay die Gischt von meterhohen Wellen ins Gesicht wehen und beobachten die ein wenig eklig hin und her schwappenden Riesenalgen. Dann positionieren Ruth und ich uns als "letzte Menschen" auf der Suedinsel an Neuseelands suedlichster Landspitze, dem Slope Point. Hier weht solch ein starker Wind, dass sich selbst die Baeume nicht auf den Beinen, aeh, Wurzeln halten koennen. Anschliessend fuehrt uns ein kurzer Weg durch feucht tropfenden und klamm bemoosten Regenwald zu den Mc Lean Falls: wieder einmal bilderbuchschoene (mit gutem Schuhwerk und ein wenig Ueberwindung bekletterbare) Wasserfaelle.



Wellengewalt: Curio Bay
suedlicher gehts nicht: Slope Point

hups, bloss nicht von der Suedhalbkugel fallen!

wie, da kommt nichts mehr?
vom Winde verweht

glitschige Angelegenheit: Mc Lean Falls


Poser-Pose

Um 15 Uhr oeffnen sich endlich die Tore zur "Zufahrtsstrasse" - kaum mehr als eine schlammige Schlaglochpiste - zu den Cathedral Caves. Auf zwei Beinen laesst sich das Gelaende sehr viel besser bewaeltigen als auf vier Reifen. Bevor wir die Hoehlen erreichen, laufen wir eine halbe Stunde durch dichten Busch und ueber einen glattbeguegelten Strand. 
Gerade als wir ein Pseudo-Gruselfoto im turmhohen Hoehleneingang schiessen wollen, hoeren wir ein tiefes Brummen, dass sich schnell zu einem aergerlichen Knurren ausdehnt. Was ist das? Ein Hoehlenmensch? Eine Riesendogge? Eine Wasserratte mit Schnupfen? Aengstlich (dieses Mal tatsaechlich, nicht nur gespielt) werfe ich einen Blick ins Dunkle. Nichts, ich kann rein gar nichts erkennen. Nur dieses laute Geraeusch, das mich an Szenen von Kampfhunden, denen man den Futternapf geklaut hat, denken laesst. Dann onkt es, schmatzt, bellt! Eine Robbe! Zaehnefletschend und laut prustend hopst das Flossentier in einem Mordstempo direkt auf mich zu. Vermutlich haben wir den kleinen Kerl bei seiner Mittagspause gestoert. Nichts da von wegen Kindchenschema und so - dieses Tier sieht ziemlich wuetend aus. Alarmiert springe ich zur Seite und gebe den Weg zum Hoehlenausgang und dem offenen Meer frei. Mit einem letzten Schrei der Empoerung wirft sich Robbie in die Brandung und verschwindet in den Wellen. Offenbar haben wir den armen Schnurrbarttraeger ganz schoen aufgeschreckt. 

Strandfigur

nur bei Ebbe begehbar: Cathedral Cave

wer hat hier wen erschreckt?

und weg ist er, unser Robbengeist

Mit vor Aufregung gluehenden Wangen erkunden Ruth und ich - dieses Mal sehr sehr vorsichtig - den Rest der Hoehle und muessen uns feixenden Fragen von Augenzeugen a la "Ihr seid gerade vor einer Babyrobbe davon gelaufen?" stellen. Ja, Herrgott nochmal, als "Caveexplorer" waeren wir wohl nicht gerade die geeignesten, aber dafuer liegen unsere Talente woanders! Zum Beispiel im Autofahren. Von den Catlins geht es in Richtung Invercargill immer geradeaus nach Westen. Wunderbar (romantisch), vor allem, wenn wenn man trotz Blende und Sonnenbrille kaum den Mittelstreifen erkennen kann. 

Unsere Talente: Wir sind Profi-Cruiser,

... aufgehuebschte Seeungeheuer

...  und super Gegenlichtfotografen

Ziemlich "verblendet" kommen wir in Invercargill, Neuseelands suedlichster (und offiziell haesslichster) Stadt, an. Da es jetzt sowieso dunkel ist, muessen wir bis morgen warten, um uns einen eigenen Eindruck zu verschaffen ("lets proof them wrong" lese auf dem Ortseingangsschild unter dem obligatorischen "Welcome to..."). Vorerst checken wir mit Hostelmanager Paul und Backpacker Steffen Invercargills Kneipenszene. Und die ist - wie in anderen neuseelaendischen Staedten - zwar nicht gerade auf Nachteulen ausgelegt (um ein Uhr ist spaetestens Schicht im Schacht), dafuer aber charmant grossbritannisch. Ruth gefaellt's!

Am naechsten Tag schaffen wir es zwar nicht zu Invercargills "schoensten Seiten", dem Botanischen Garten oder der Art Gallery, dafuer aber in saemtliche Techniklaeden, die Ruth nach einer neuen Kamera abklappert.  Das neu erworbene gute (=teure) Stueck muss natuerlich sofort getestet werden. In Paul finden wir einen begeisterten Fotografen und tatsaechlich mal jemanden, der die manuelle Umstellung von Blende und Belichtungszeit anschaulich erklaeren kann. Ruth knipst laufende Wasserhaehne, funkelige Sterne und faulenzde Reisepartnerinnen. 

Nina einmal in schwarz-weiss-rot

und einmal in schwarz-weiss-blau

Bevor wir Invercargill verlassen (wirklich, sooo schlimm ist es nicht!), stellen wir mein Auto einmal (sinnbildlich) auf den Kopf, ueberpruefen Wasser und Oel, Reifendruck und natuerlich kommen wir um erneutes Volltanken nicht drumherum. Bei 2.20 Dollar pro Liter ist das zwar guenstiger als in Deutschland, reisst aber aber bei dem Verbrauch meines kleinen Sportwagens von 10 Litern auf 100 Kilometern ein ganz schoenes Loch ins Reiseportomonnaie.
Auf dem Weg die Suedwestkueste rauf halten wir beim Schild "Monkey-Island" und lassen uns von zwei (mit dem Jeep) dahergefahrenen Kiwis erklaeren, dass Namensgeber fuer das Inselchen zwar kein Affe, dafuer aber ein Homo sapiens war, der eine eine Art Affenschaukel gebaut hat, um Gueter von den Schiffen an Land zu transportieren, wenn der Wasserstand zu niedrig war.

ich haenge am Monkeywire, sieht man, oder?

In Clifton schauen wir uns das zweite Mal in zwei Tagen Hoehlen an. Die Clifton Caves sind wesentlich schwieriger zu begehen, sehr viel niedriger und sehr sehr dunkel. Tatsaechlich mal ein aufregender, von der Touristenindustrie nahezu unerschlossener Ort ohne Eintrittsgebuehr, Zaeune oder gefuehrte Touren. Natuerlich heisst das auch besonders aufpassen. Auf der ausgewaschenen Infotafel am Eingang wird daher auch um doppelte Sicherheitsvorkehrungen gebeten: Zugang nur zu zweit, pro Mann zwei Taschenlampen. Schon nach wenigen Schritten werden wir von vollkommener Dunkelheit verschluckt. Ganz schoen gruselig, so ganz allein hier (Gluehwuermchen zaehlen nicht!). Sobald sich die Augen an das schwach blaeuliche Taschenlampenlicht gewoehnt haben, koennen wir wenigstens die Stalaktiten erkennen, an denen wir uns die Koepfe stossen. Bis ganz zum Ende des 300 Meter langen Hoehlensystems zu laufen, trauen wir uns nicht, schliesslich haben wir niemanden darueber informiert, wo wir sind und meine doppelte Taschenlampenausruestung muss ich mit Ruth teilen.

Eingang unauffaellig

gut aufpassen auf die Lichtquelle und den Dickschaedel!

Ausgang kaum zu uebersehen

Da ist uns der weite Sternenhimmel ueber Manapouri, unserem Uebernachtungsort, dann doch lieber. Keine niedrige Hoehlendecke, keine wuetenden Robben, dafuer aber ein Lagerfeuer, die Milchstrasse und ein franzoesisches Paerchen, das ein paar Horrorgeschichten zu erzaehlen weiss. Ruth und ich hoeren nur mit halben Ohr zu; in den letzten 24 Stunden haben wir uns mit Sicherheit genug gegruselt. 

Impro-Kochen in unserem "Ferienhaeuschen" in Manapouri

Um Mitternacht gibt Ruth einen respekablen Geist ab...

.... und Nina kann sich weder von ihrer Taschenlampe noch vom Sternenhimmel trennen

2 Kommentare:

  1. Ach, das is so toll was du machst!

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  2. UUuuuuhhh, tatsächlich ganz schön gruselig, liebe Nina! "Robbe" wäre mir bei den Geräuschen sicher auch nicht eingefallen.

    Ist jetzt mal Schluß mit den dunklen, unheimlichen Höhlen ?!? Dann lieber Affen-Insel!

    Deine Mama

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