In Greymouth checke ich in das wohl bunteste Hostel ein, das ich je gesehen habe. Die Global Village Backpacker Lodge, ein Tipp aus dem Lonely Planet, vermittelt einfach nur gute Laune - trotz Dauerregen, der auf die Dachfenster platscht. Wunderschoen dekoriert in afrikanischem Stil, blitzblank und supergemuetlich mit einem Kaminfeuer und lauter Sofas zum Rumluemmeln und Nichtstun. Und das Beste: eine bestens gestimmte Akkustikgitarre.
Logischerweise sieht mein Schlechtwetterprogramm in der grauen Stadt daher folgendermassen aus:
Projekt A: Mit moeglichst wenig Verschleiss bzw. Schmerzen an den Fingerkuppen und minimalem Nervfaktor gegenueber meinen "Mitbewohnern" moeglichst lange und effizient Gitarre spielen.
Projekt B: Ein moeglichst aufwendiges Abendessen kochen, das man im besten Falle mit anderen Sturmfluechtlingen teilen kann - beschaeftigt fuer eine Weile, waermt von innen und schmeckt gut!
Projekt C: Edelsteinjagd.
Gemeinsam mit meiner Zimmergenossin, der Franzoesin Lydie lasse ich mich am Strand hin und herwehen, waehrend ich den massiven Wellen ausweiche und gleichzeitig nach flaschengruenem Jadestein Ausschau halte.
Mit der Hosentasche voller gruenlich glaenzender Hoffnung und ziemlich durchnaessten Klamotten treten wir eine halbe Stunde spaeter den Rueckzug an. Unsere chinesische Mitbewohnerin Jen entlarvt unsere Ausbeute jedoch ohne Wimpernzucken als Serpentin, einen dunkelgruen gesprenkelten Edelstein ohne "Durchscheineffekt". Dennoch sieht sie Potential zum Polieren und Aufwerten des Rohmaterials. Mit fuenf verschiedenen Staerken Sandpapier bearbeite ich mein schoenstes Fundstueck. Die Prozedur dauert selbst ohne Rumbummeln locker einen ganzen Abend. Das Ergebnis stellt mich zufrieden: ein sanft angerundeter, tropfenfoermiger, jaegergruener Handschmeichler.
Lydie hat mit dem Wind zu kaempfen |
Finde die Nadel im heuhaufen - oder die Jade im Kies! |
rote Baeckchen... |
... und gruene Steine |
Profipoliererin Jen bei der Arbeit |
polierter Serpentin |
Am naechsten Tag habe ich die Schnauze voll vom Rumsitzen und fahre einfach drauf los - Richtung Norden, weiter die Westkueste rauf. Die brandungsumtoste Kuestenlinie ist (sogar grau in grau) eine echte Wucht: links schaumgekroente Wellen und felsige Buchten, rechts die steil aufragenden, von Palmen und Straeuchern bewachsenen Paparoa Ranges - dazwischen gerade mal genug Platz fuer eine schmale, sich um die Klippen windende Strasse. In Punakaki sind es keine Naturschoenheiten sondern Tourilaeden und Cafes mit Pfannkuchen als "Special of the day" (na klar...), die die Strasse flankieren. Die sogenannten Pancake Rocks, durch Erosion aufgeschichtete Kalksteinfelsen, bilden gemeinsam mit den Sprueh(sahne)wellen eine bizarre Kulisse. In vom Meer geformte Aushoehlungen klatscht die Brandung und schiesst an einigen Stellen als Fontaene aus den "Blowholes". Der boeige Wind erledigt den Rest: Nach wenigen Minuten sind Pony, Brille und Kamera mal wieder unangenehm feucht.
Im Pfannkuchencafe zeige ich Ansaetze einer Minirevolte und kaufe einen gigantischen Blaubeermuffin. Kaum zwei Bissen spaeter muss ich schon wieder scharf bremsen, als ich das Wort "Cave" auf einem Schild lese. Das muss ich mir mal genauer anschauen! Die Hoehle ist zwar niedrig, aber unglaublich breit, vergleichsweise hell und leicht begehbar. Nur der feuchte, rutschige Untergrund macht die Erkundung nicht leicht.
Nochmal 100 Meter weiter stoppe ich, um den "Truman Coastal Track" zu laufen. Endlich lugt auch mal die Sonne vorsichtig hinter den Wolkentuermchen hervor und offenbart einen Blick auf eine kleine Bucht. Ich stolpere geradezu ueber eine Babyrobbe, die sich auf einem grossen Felsen ausruht. Der Kleine laesst sich jedoch kaum von mir beeindrucken, sodass ich nach ca. 300 Nahaufnahmen und einem Abschiedswinker den Rest des Strandes inklusive Wasserfall erkunde und dann umdrehe.
In Charlston biege ich kurzentschlossen in die Einfahrt der Pounamu Gallery ein, wo ich auf Jade- und Lebenskuenstler Paul treffe. Bereitwillig bohrt der mir ganz umsonst und ohne grosses Bimborium ein Loch in meinen polierten Serpentin und schenkt mir obendrein ein Lederbaendchen. Vor Freude strahlend haenge ich meinen edlen Stein um den Hals, druecke Pauls Hand und freue mich darueber, wie einfach - mit den richtigen Hostels, Bekanntschaften und Erlebnissen - aus einem regengrauen ein kunterbunter Tag werden kann.
Hallo Nina!
AntwortenLöschentrotz schwieriger Wetterverhältnisse ein toller Bericht: das "gute Laune Hostel" (an der Stelle wohl auch nötig), der Edelsteinfund und die süße kleine Robbe ... schön!
P.S. Hier ist "Sommer" - aber das Wetter (fast) das gleiche wie auf deinen Videos